Donnerstag, 20. August 2015

Medien und Ernährung: Eine Analyse


BedenKKlich
DER IS(S)T-ZUSTAND UNSERER MEDIENLANDSCHAFT

Eine Analyse, wie unser Informationsbedürfnis unmerklich unterwandert wird


In den letzten Wochen hatte ich wiederholt Kontakt zu Journalisten.
Zwischenzeitlich ist es wohl so geworden, dass ich auch gerne mal angerufen und angeschrieben werde, wenn es etwas über Lebensmittelsicherheit, Lobbyismus und Abnehmen zu berichten gibt.

Ich leiste gerne meinen Beitrag, wenn es um gut recherchierte Artikel geht.
Also gerne - immerzu. Ich bin offen für diese Kontakte.





Wie wir nach und nach unser Informationsangebot zerstören


In dieser Zeit hatte ich nun verschiedene erfrischend offene Unterhaltungen mit Journalisten, von zum Teil deutschlandweit recht bekannten Magazinen und aus der Fernsehindustrie, deren Inhalt mich seither nicht losgelassen haben.

Ich möchte Euch ein paar meiner Gedanken dazu aufschreiben, denn damit sind nicht nur ein paar Verdachtsmomente, die ich in der Vergangenheit geäussert habe als Tatsachen belegt, sondern das bedeutet vielleicht auch einen tiefgreifenden Wandel, wie wir Medien in Zukunft wahrnehmen müssen.

Hier ist eine Zusammenfassung zu den Tatsachen, die mir in den vergangenen Wochen berichtet wurden, und meine Einschätzung jeweils darunter.
"Journalistenjobs in den Printmedien bekommt man nicht mehr hinterher geworfen"

Die gedruckte Presse verliert massiv an Boden gegenüber den Online-Medien und kämpft sehr mit einer tragfähigen Veränderung des Geschäftsmodells. Dementsprechend gibt es immer weniger Jobangebote, die unter dem Mitbewerber-Druck dann den Journalisten verhältnismässig schlechte Vertragsmodelle bieten.

Hinzu kommt der Umstand, dass dieser Wettbewerb unter den Verlagen dafür gesorgt hat, dass viele kleine unabhängige Verlage auf der Strecke geblieben sind. Sie sind entweder einfach von der Bildfläche verschwunden oder von grösseren Verlagen aufgekauft worden.

Der Zustand, der sich daraus ergab ist, dass zwischenzeitlich die gesamte Medienlandschaft im Wesentlichen aus 5 namhaften Verlagen besteht, deren Geschicke in den Händen von 5 Familien liegt. Diese Machtkonzentration sollte uns zu denken geben, und wer sich unter diesem Aspekt die Demontage unseres ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff nochmals näher anschaut, der mag seine eigenen Schlüsse ziehen, was da wohl passiert sein könnte...


"Nachrichten sind ein Geschäft."

Mein länger gehegter Verdacht wurde hier erneut bestätigt.
Wie das auch schon eine TV-Doku zum Thema Anzeigenverkauf aufgedeckt hat gibt es die Trennung zwischen Berichterstattung und Anzeigenverkauf nicht mehr. Das ist zwar gesetzlich nicht zugelassen und entspricht auch nicht dem Journalistenkodex, aber tatsächlich sieht die Nachrichtenwelt heute anders aus.



"Es gibt fast nur noch befristete Verträge ohne Tarifbindung. 
Da heisst es in  verschiedenen Bereichen: Friss oder stirb."

Fällt man mit unerwünschter Berichterstattung auf, die unter anderem zum Beispiel gegen die Interessen der Anzeigenkunden laufen, bekommt man im besten Fall noch den freundlichen Hinweis, dass es für dieses Thema wohl "zu wenig Leserschaft" gäbe.
Im schlechtesten läuft dann halt der Vertrag aus. Man kann den Menschen nicht einmal vorwerfen, dass sie gerne etwas im Kühlschrank haben möchten und den Sprit fürs Auto mit ihrem Job bezahlt sein wissen wollen. Oder die Familie ernährt. Aber die Macht-Mechanik dahinter ist bedenklich:


"Das geht so weit, dass manche Anzeigenkunden den Redakteuren die Texte diktieren dürfen."


Es ist noch gar nicht so lange her, da habe ich das laut vermutet. Das war hier.
Jetzt können wir das als gegeben hinnehmen. Und leider ist das in einem ungeahnten Ausmass der Fall. Ich ging von unsäglichen Einzelfällen aus. Das ist leider nicht der Fall.
Das bedeutet aber auch, dass wir damit komplett jede Unterscheidungsmöglichkeit verloren haben, was denn nun wirklich recherchierte Nachrichten sind und was Werbung oder Marketing-Aktionen sind. Somit ist das unabhängige Informationsangebot nicht nur unterwandert, sondern mangels dieser Unterscheidungskraft auch keine Quelle für Wissen, das man nicht noch anders hinterfragen muss, wenn man reell informiert bleiben will.


"Es gibt Kollegen, die haben einen Hintergrund mit starken Wurzeln in der Medizin- und Pharmaindustrie. Das beeinflusst natürlich deren Berichterstattung. Vorsichtig ausgedrückt. Viel klarer mag ich da nicht werden."

Ich möchte das eigentlich schon. 
Wobei ich denke, dass wir da fair bleiben müssen. 
Wenn jemand lange Jahre in der Branche gearbeitet hat, dann ist da aufgrund der ständigen Information dort eine feste Meinung gebildet. 
Die ist über die Zeit nicht unbeeinflusst. 

Zuletzt habe ich das erlebt, als ich in meinem Bekanntenkreis aus der Forscherabteilung eine Diskussion über Gentechnik hatte. Was ich erlebt habe war eine Wiederholung einiger Marketing-Phrasen, die ich schon aus anderen Quellen kannte. Als wir uns dann die Fakten über Glyphosat näher angeschaut haben, kam es relativ schnell zu einem Umdenken.

Was ich damit sagen will: Das sind nicht unbedingt immer skrupellose Menschen, die nur wirtschaftliche Vorteile im Kopf haben und das selbst auf Kosten der Gesundheit anderer.

Aber es gibt offensichtlich durchaus Menschen, die in ihrem beruflichen Umfeld einseitig informiert werden.




Weitere Schwierigkeiten, die ich sehe

Motivation

Wenn jemand in einem gefühlt unsicheren Arbeitsumfeld seiner Tätigkeit nachgeht und ständig bange um seinen Job hat, dann stehen die Chancen leider gut, dass man seinen Idealismus verliert und desillusioniert Dienst nach Vorschrift macht. Das ist schlecht für die Kreativität und wie ich finde auch schlecht für Substanz bei den Inhalten.

Hinzu kommt, dass man teilweise sehr wenig Zeit für die Recherchen zu haben scheint, oder sich diese aus anderen Gründen nicht bereit ist, zu nehmen. In manchen Bereichen sind es knallharte Deadlines, bis wann etwas fertig zu sein hat, in anderen teilweise schlicht Überlastung.


Chefredakteure
Ein sehr gutes Beispiel für das, was ich sagen möchte ist einer, über den wir in den beiden Tagen kurz in der Gruppe diskutiert haben. Dr. Werner Bartens.
Ich schreibe nehme ihn jetzt mal als ein Beispiel, weil wir uns in der Facebook-Gruppe gerade über ihn und seinen Auftritt in einer Maischberger-Sendung ein bisschen gewundert haben. Er hatte dort - sagen wir - eine etwas eigenwillige Meinung zum Thema Essen.

Der Mann ist ein preisgekrönter Journalist, mit einem Medizinstudium in Amerika und Sachbuchautor. 
Ein Mann mit Ausstrahlung. Der es offensichtlich liebt, zu polarisieren.

Ich habe selbst zwei seiner Bücher bei mir, und einige seiner Gedanken sind sehr schlüssig, die er in diesen vertritt. Was es - wie ich finde neben seiner seriösen Ausstrahlung - noch sehr viel schwieriger macht, auseinander zu halten, wo er nun richtig liegt und wo eher nicht. Und viele werden sich sicher auch von seinem Dr.-Titel beeindrucken lassen. 
Und der sonstigen Laufbahn und den vielen Auszeichnungen.


Prädestiniert für einen Chefredakteurposten. 
Als Leiter des Wissenschaftsressorts der Süddeutschen Zeitung prägt er dann auch folgerichtig die Berichterstattung in grossen Teilen mit. 

Aber wenn man sich nur anhört, welche Auffassung er in der Maischberger-Sendung vertritt, dann mag man sich als informierter Mensch über die eine oder andere Aussage doch gerne auch mal ein bisschen wundern. Ich zweifle ein bisschen, dass er sich mit dem Thema Ernährung - ausserhalb der psychologischen Aspekte lange aufgehalten hat.
Sehr verwunderlich denn ein paar seiner Buchtitel sind ganz interessant, über die Zustände der Pharmaindustrie berichtet er wie ich finde ganz solide.
Allein - es fehlt mir die geistige Brücke, wie unsere Industrieernährung tatsächlich in statistisch sehr relevanten Zahlen unsere Menschen genau in diese Arme treibt.

Aber - er kommt sehr selbstsicher rüber. Selbstsicher in seiner eigenen Meinung.
Und damit besteht doch irgendwie das Risiko, dass sehr viel seiner eigenen sehr persönlichen Meinung mit in das einfliesst, was die Leser in der Süddeutschen an Information bekommen. Und vielleicht auch - was nicht. 

Denn als Chefredakteur bestimmt er den Tenor. 

Das war jetzt nur ein Beispiel, wie Einflüsse entstehen, auf einer menschlichen Ebene.

Anders ist es nun aber, wenn man sich die Netzwerke an sich einmal näher anschaut.
Das muss ich Gottseidank nicht übernehmen, dazu gibt es einen guten YouTube-Film.7 Minuten spannende Wahrheiten. Meine Empfehlung.


Das zeigt jetzt nur die politische Seite des Zustandes, ich gehe ziemlich fest davon aus, dass sich da in Bezug auf unsere Belange in Sachen Ernährung und Industrie nicht sehr anders zeigen würde, wenn man es sich einmal näher anschauen würde.
Schon die Sache mit den Anzeigenkunden spricht ja für sich.

Das muss ja irgendwie entstanden sein.


Was bedeutet das aber nun eigentlich?

Ich habe natürlich keine Glaskugel, in der ich die Zukunft sehe. 
Aber einen Verstand, und gute Geschichtskenntnisse.

Ich glaube, was wir hier erleben ist ähnlich den Effekten, die momentan die Wissenschaft in ihrer Glaubwürdigkeit erschüttern. Ich hatte das ja in der Linkliste zum DGE-Film schon einmal angesprochen. Der immer stärker werdende Einfluss von wirtschaftlichen Zwängen und Bedürfnissen auf die Ergebnisse von Studien untergräbt jedes Vertrauen in dieselben. 

Beide Branchen sind dabei, sich in ihrer eigentlichen Aufgabe überflüssig zu machen.

Während die Wissenschaft aber noch auf relativ solidem finanziellen Fundament steht, ist das - zumindest bei der Printpresse - nicht unbedingt der Fall. Der ohnehin angestossene Prozess wird so meiner Auffassung nach nur beschleunigt. 

Wenn hier nicht ein paar verantwortungsvolle Chefs bald gegensteuern, dann wird es dieses Medium sehr bald allenfalls noch zur Unterhaltung geben. 

Vorausgesetzt die Konsumenten und Leser verstehen irgendwann flächendeckender, was hier eigentlich gerade passiert.

Ich vertraue da aber tatsächlich auf den Durst nach Wahrhaftigkeit, den irgendwie ja doch alle haben. Der wird die Menschen nicht verlassen - auch wenn sie momentan insgesamt in einem relativen Moment von Starre zu verharren scheinen - die teilweise fast an Ignoranz grenzt. Und auf demokratische Prozesse, solange sie noch zugelassen sind. 

Die meisten Artikel zu Abnehmen, Lifestyle, Diät und neuen Produkten wie der Cola Life sind jetzt schon eher Unterhaltung denn ernstzunehmende Information.

Auf hoher Ebene kann man sich natürlich schon fragen, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass jemand als Journalist eine Regierungschefin kritisiert, wenn die oberste eigene Chefin eine sehr gute Freundin ist?


Ich halte das für ein Problem. 


Und was kann man tun?

Ich glaube man muss in diesen Tagen noch genauer hinschauen, was man glaubt und was nicht.

Dies noch mehr, weil offensichtlich ist, dass manche Journalisten nur noch von anderen abschreiben und sich so eine Fehlinformation vervielfältig. (Siehe letzter Bericht)
Leider ist es nicht mehr nur damit getan, zu schauen ob die gleiche Info an verschiedenen Stellen steht.

Unabhängige Berichterstattung und nicht zuletzt die Blogger werden künftig an Bedeutung gewinnen - sofern: und hier mein eindringlicher Appell an die Bloggerkollegen - hier verantwortlich recherchiert wird und nicht der gleiche Weg eingeschlagen wird, der der Printpresse mittelfristig die Totenglocke als Informationsquelle läuten dürfte.

Das alles sind natürlich ebenso Menschen mit eigenen Meinungen und persönlichen Ansichten, die ebenso einfliessen in das, was sie schreiben wie ich das oben schon beschrieben habe. Ich nehme mich da nicht aus. Im Gegenteil.

Mein persönliches Fazit für heute kann eigentlich nur lauten:

Trau schau wem, schau genau, prüfe doppelt und dreifach.

Und was heute leider nicht mehr gilt:
Der Satz: "Da hast Du es schwarz auf weiss" hat leider jeglichen Anspruch auf Integrität verloren.


Bis später.


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