Sonntag, 9. Juni 2019

Über Pestizid-Rückstände in Trink- und Grundwasser

Nachgehakt
Das Wasser von Gifhorn
...und was man an den Kontrollen verbessern könnte 





Ich las gerade interessiert bei einer Diskussion auf Facebook mit.

Anlass war dieser Bericht in der Augsburger Allgemeinen. Die hatten sehr aktuell berichtet, dass eine Studie in Bayern überdurchschnittlich viele Pestizide im Grund(!!)wasser gefunden hatte.

Glyphosat sogar gleich 47 mal, in 6 Fällen "in problematischen Konzentrationen", das heisst wohl (deutlich?) über Trinkwasser-Grenzwert.

Das hatte natürlich auch an anderen Stellen in Deutschland zu der Frage geführt, wie es denn wohl dort aussieht. Ich selbst hatte ja vor ein paar Wochen auch schon einen Sachstandsbericht beschrieben, bezogen auf die allgemeine Wassersituation in Deutschland.

Da war der die Lage in Bayern allerdings noch nicht bekannt.
Und so fragte man sich eben auch in Gifhorn, wie dort wohl die Lage mit der Wasserqualität sei.


Ein freier Journalist gab dann in den Kommentaren Entwarnung: 
"Ergebnis: Im Grundwasser des Landkreises Gifhorn finden sich weder Nitrat noch Pestizide oder deren Rückstände (Metaboliten)."

Bezogen auf Gifhorn war ich allerdings sehr verwundert, dass da tatsächlich ein Laborbericht für den Wasserversorger vor Ort existiert, bei dem tatsächlich überhaupt keine Rückstände im Trinkwasser aufgefallen waren. Gifhorn liegt in Niedersachsen, und auch dort gab es schon Berichte über massive Pestizidfunde im Grundwasser. 
Und jetzt will man auf einmal tatsächlich gar nichts gefunden haben?

Das wollte ich mir dann doch mal näher ansehen...

Denn tatsächlich deuten die die bekannten Daten rund um Gifhorn alles andere als auf einen solchen Zustand hin.

Wie der NDR einst berichtet hat, genauer Panorama 3 (MEDIATHEK) wurden auch in Niedersachsen alleine in 45% der genommenen Grundwasserproben Pestizid-Rückstände gefunden. Die dort genannte Studie selbst ist heute noch einsehbar, und zwar hier.


Und wie ich hier grob markiere, ist Gifhorn eher in einem der Gebiete, wo diese Studie in der Vergangenheit doch gleich in mehreren Punkten Auffälligkeiten fand - hier ein paar Screenshots. Das rote Quadrat kennzeichnet grob das Einzugsgebiet von Gifhorn, Quelle die Panorama 3-PDF.
















Ich fände es gut, wenn tatsächlich nichts gefunden wurde, wie das Wasserwerk Gifhorn versichert
Aber nach all den Jahren im Thema bin ich vorsichtig geworden. Oft lohnt sich das Hinterfragen auch.

Das erste, das mir bei der Wasseranalyse des Gifhorner Wasserwerks aufgefallen ist, ist das Entnahmedatum:



Da steht: 27.02. also Ende Februar. 

Das ist eine ziemlich unglückliche Wahl, wenn man denn tatsächlich eine Aussage treffen möchte, ob und wie viele der aktuell eingesetzten Pestizide im Wasser sind.
Denn der Termin liegt ungünstig. Den ganzen Winter über hatten die Rückstände im Boden und im Grundwasser Zeit, sich abzubauen, und die typischen Ausbringzeiten in der Landwirtschaft - so war das auch dieses Jahr überall zu beobachten - beginnen erst im März, also nach der Probenentnahme. Das gleiche gilt für Nitrat, das ja die Pflanzen düngen soll.

Wie der SWR damals recherchiert hatte, sind gemäss der Landeswasserversorgung Baden Württemberg die tatsächlichen Spitzen und Überschreitungen - zumindest bei Glyphosat - Mitte Juli. 





Dementsprechend wäre es doch viel aussagekräftiger, wenn man die Trinkwasserproben in diesem Zeitraum entnimmt. Wenn dort dann tatsächlich nichts gefunden wird, dann ist die Entwarnung ehrlich und echt.

Aber so bleiben einfach Zweifel für jeden der mitdenkt.


Mit etwas Internet-Kungfu konnte ich mir die Analyse von 2016 besorgen.
Für diese wurde die Probe am 13.04.2016 genommen.
Auch das ist noch ausserhalb des Zeitraums, bei dem vom SWR die Spitzen dokumentiert wurden. 


Die Fragen, die man jetzt an das Wasserwerk Gifhorn stellen sollte:
1) Welche Filteranlagen werden verwendet? Aktivkohle-Filter? Keine?

2) In welchen Abständen werden diese Wassertests gemacht? Zu welchen Terminen?
3) Wo kann man ältere Prüf-Ergebnisse und das von 2017 und 2018 online einsehen oder kann man diese PDFs erhalten? 
4) Kann man den Testtermin künftig auf Mitte Juli verlegen?
5) Was würde geschehen, wenn sich im Trinkwasser ebenfalls Überschreitungen zeigen würden?

Das sollte am besten jemand vor Ort erledigen.



Jetzt noch etwas, über das ich während der Recherche für diesen Blogbericht gestolpert bin. In dem Video des NDR sieht man einen Landwirt, der ein Fungizid ausbringt.
In einem kurzen Augenblick ist der Name des Mittels auf dem Kanister erkennbar.




Wie schon im letzten Bericht habe ich dann fast schon wie gewohnheitsmässig das Sicherheitsdatenblatt aufgerufen. Und das steht dazu auf Seite 2:




Ist es wirklich DAS, was wir brauchen?



Bis später.





Weiterführende Links:
Sind im Bericht enthalten