Freitag, 18. Oktober 2019

"Auf Rechts" schreiben als Lobby-Werkzeug

Mit Linkks
"Auf Rechts" schreiben
Wie man Menschen von Inhalten abhält, die manchmal ganz spannend sind

Ich weiss nicht, wie das bei Euch war, aber zu meiner Zeit war das Dritte Reich in jedem Schuljahr Teil des Geschichtsunterrichts. Reichtagsbrand, Ermächtigungsgesetz, Zweiter Weltkrieg. Die Nazis, Hitlerjugend, und ab hier könnt Ihr alles einsetzen, was Euch selbst spontan an Assoziationen hochkommen. Ausser den notorischen Schulschwänzern dürfte eigentlich fast keiner die Schule verlassen haben, ohne das solide Wissen, dass diese Zeit etwas war, was man so nie wieder möchte.





Und das ist gut so. Bis auf...
... den Umstand, dass das uns in gewisser Weise sehr leicht manipulierbar macht. 


Meiner Beobachtung nach wird das zum Beispiel in der Presse gerne missbraucht.
Wenn jemand unbequem wird, dann schreibt man in auf rechts. So absurd das auch sein mag. Da kann ein Sänger eine recht dunkle Hautfarbe haben, wenn er etwas tut, wie gesellschaftskritische Liedertexte schreiben, die bestimmen Menschen nicht gefallen, dann gibt es schon mal einen Artikel über Xavier Naidoo, der ihn in die Nähe der Rechten rückt. Und andere Medien ziehen nach

Und selbst, wenn das dann gerichtlich geklärt ist, tritt man nach.


Und dann passiert es: wir fallen vollautomatisch in eine fast schon intuitive Abwehrhaltung: "Oh, rechts, damit möchte ich nichts zu tun haben!"

Und schon ist man abgekoppelt von der Person. Oder den Aussagen. Oft wenn nicht fast immer sogar, ohne auch nur ein einziges Wort der Person überhaupt angehört zu haben oder sich mit der Aussage an sich zu beschäftigen.   


Ein weiteres sehr gutes Beispiel für diese Praxis war damals TTIP, als so viele Menschen dagegen auf die Strasse gingen.

Der Spiegel schrieb seinerzeit:
„Doch bei den TTIP-Protesten sind die Rechten nicht Mitläufer, sondern heimliche Anführer…Die Kampagne gegen den Freihandel ist wie auf dem braunen Mist gewachsen…Wer nichts Schlimmes daran findet, sich gedanklich bei Pegida-Bachmann, Marine Le Pen und Donald Trump unterzuhaken, darf bei der Demo heute gerne hinter dem Plakat mit dem Chlorhühnchen herrennen. Alle anderen jedoch sollten sich fragen, wie sie aus einer solchen Gesellschaft schnell wieder herauskommen.“

So perfide wird nicht nur versucht, eine Viertelmillion Menschen zu diskreditieren sondern man versucht gleichzeitig dafür zu sorgen, dass es nicht mehr werden, die protestieren.
Wer das nochmal nachlesen möchte, hier entlang.


Ich kenne Menschen, die das durchschaut haben. Und sich nicht mehr so einfach damit manipulieren lassen. Deren Beobachtung deckt sich mit meiner: Wenn man sich dann eine Sache über diesen ersten Widerstand hinweg anschaut, kann man ja immer noch frei entscheiden, welche Meinung man zu etwas hat. 

Natürlich gibt es auch hier die Möglichkeit, dass man zu dem Schluss kommt "Das ist wirklich ein Trottel..." und sich abwendet, aber dann ist es wenigstens die eigene Meinung und nicht eine von Dritten aufgestülpte.

Und immer öfter findet man heraus, dass das, was die Person zu erzählen hat sogar ziemlich interessant ist. Probiert das ruhig mal für Euch selbst aus. 


Dieses "auf rechts schreiben" haben zwischenzeitlich auch die PR-Berater und Lobbyisten für sich entdeckt. 

Ein sehr gutes aktuelles Beispiel fand ich heute morgen auf Twitter. 





Hier wurden pauschal die Biobauern, der böse Jost und die Taz "voll auf AfD"-Linie geschrieben.


Ludger Weß ist nach meiner Auffassung eine ziemlich zentrale Figur bei den Bemühungen der Industrie, die öffentliche Meinung in seinem Bereich zu beeinflussen. 
Das dürfte an seinem Job liegen, er ist Lobbyist für Pharma, Gentechnik und damit auch in der logischen Folge für Glyphosat. Auch wenn er das zwischenzeitlich an einigen Stellen behoben hat, so trat er früher gerne hauptsächlich als Wissenschaftsjournalist auf, ich weiss von Landwirten, die einen Vortrag von ihm angehört haben, dass man sich da gar nicht erst die Mühe gemacht hat, ihn anders vorzustellen. 

Lobbypedia hat einen recht umfassenden Artikel zu ihm geschrieben, der seine tatsächliche Arbeit relativ umfangreich charakterisiert.

Die Heilpraktiker, die derzeit gegen eine recht mächtige PR-Kampagne anzukämpfen haben, sollten sein Wirken ruhig auch mal ein wenig abklopfen, denn die Globu(li)kalypse passt ins Portfolio. Tipp: Einfach mal seine Twitter-Timeline durchstöbern...



Ich mag beides überhaupt nicht. Auf rechts schreiben nicht. Und Ludger Weß nicht.

Deshalb habe ich dann auch geantwortet.




Wie man einigermassen deutlich sieht, ging es mir dabei jedoch auch zur Gesamtsituation zum Thema Glyphosat.

Nun ist Ludger Weß aber ein Meister darin, die Sachverhalte zu verdrehen, durch geschicktes Weglassen von Teilen der Wahrheit ein ihm zuträgliches Bild zu zeichnen. 
Sehr gut sieht man es, was er aus meinem Kommentar gemacht bzw wo er ihn abgeschnitten hat um ihn auf seiner Twittertimeline wiederzuverwerten:






Ihr seht, was ich meine?

Nun ist es so, dass meine Recherchen zu "Bauer-Willi", die auch in der TAZ in einem Artikel verwendet worden sind, nicht ganz folgenlos blieben. Willi hatte einen Herzinfarkt (gute Besserung an der Stelle), und deshalb angekündigt, sich ein wenig aus der Öffentlichkeitsarbeit zurückzuziehen.

Aber vor allem hat das nicht nur unter seiner Anhängerschaft einen erheblichen Tumult verursacht und auf meiner Facebook-Timeline für den einen oder anderen Kommentar gesorgt, sondern wohl auch eine Reihe Menschen verschnupft, die jetzt anscheinend das Gefühl haben, sich an mir noch abarbeiten zu müssen.

Es sei hier nicht ganz unerwähnt, dass man sich kennt, Dr. Ludger und Dr. Willi haben sich gern genug, dass Willi ihm sogar ein bisschen Platz auf seiner digitalen Pinnwand einräumt.
Vielleicht beachtet Ihr mal die Vorstellung oben, und wie der Umstand "akampion" im Kontext vernebelt wird.

Faustformel: "Wo der Weß ist, ist die Günther nicht weit."

Kopfintern nenne ich Ludger Weß und Susanne Günther das "DREAMTEAM ™".


Zu meiner Anfangszeit wurden die beiden ziemlich oft markiert, wenn die Landwirte in einer Diskussion mit mir nicht weiter kamen und ihnen die Argumente ausgingen. Ganz so, als wären sie das Backoffice, übernahmen sie dann denn Fall "DaVinci" - oder auch nicht.


Es mag daher natürlich Zufall sein (müsst Ihr entscheiden), aber kurz nach meinem "Auf rechts"-Kommentar kam dann auch der gnadenlose Rundumschlag. Sowohl gegen mich als auch gegen Jost Maurin von der TAZ. Eine richtig runde Sache.





Bis zu diesem Zeitpunkt war mir gar nicht klar, dass ich von irgendwem protegiert werde, aber danke, Susannchen, für den Hinweis. Man fühlt sich so gleich viel aufgehobener.

Susannchen kommt Euch vielleicht bekannt vor, das ist die, die eine Facebook-Gruppe leitet, die "Gentechnik? Ja, bitte!" heisst und die in diesem Artikel über die neue Lobbylüge, "Glyphosat-Tests sind Betrug" bereits ihren Auftritt hatte. Was - nebenbei bemerkt - nur ein kleiner Ausschnitt ihrer Aktivitäten ist, aber dazu bei einer anderen Gelegenheit mehr, denn auch sie ist wie Ludger Weß eine recht spannende Figur.

Nun wäre mein Bericht nicht fair, wenn ich nicht darauf hinweisen würde, dass Ludger Weß auf einen Artikel hingewiesen hat, den - ja, Zufall natürlich - Jost Maurin in der TAZ geschrieben hat, in dem er die AfD in Zusammenhang mit den protestierenden Landwirten gebracht hat. Und ich bin integer genug um zu sagen, dass das auf rechts schreiben für mich nirgends in Ordnung ist. 






Zum guten Schluss sei erwähnt, dass Ludger Weß seinen heutigen Start in den morgen hier relativiert:





Aber das war wohl auch wieder nur ein Teil der Wahrheit. Denn es ist nicht das erste Mal, dass er auf rechts schreiben als rhetorisches Mittel verwendet. Hier ein Beispiel:








Oder dieser hier...



Und damit ist alles ganz so, wie man es von Ludger Weß gewohnt ist, wenn man ihn kennt.



Bis später.



 

Sonntag, 6. Oktober 2019

Wer ist das eigentlich, dieser Bauer Willi?!

Wer ist das eigentlich, dieser Bauer Willi?!
- TEIL 2 - 

Wo waren wir stehen geblieben? Achja. Beeindruckt.Denn im Gegensatz zu den sonstigen Gepflogenheiten einiger eher militanter Glyphosat-Verfechter aus den Reihen der Landwirte scheint Bauer Willi ganz vernünftig.






Als ich gestern im Rahmen der Recherche eine kleine Umfrage auf meiner Facebook-Pinnwand startete mit dem Ziel, ein bisschen abzuklopfen wie bekannt "Bauer Willi" eigentlich in meiner Community ist und wie er wahrgenommen wird, und nach all den Jahren nach dem im ersten Teil angesprochenen Brandbrief geschah es dann.
Bauer Willi, oder Dr. Willi Kremer-Schillings, zeigte sich persönlich in meinem Beitrag.
Das war er also - der erste Kontakt...

Er schrieb






Vielleicht kommen wir ja doch noch zusammen?
Möglich.

Aber bevor das geschieht, möchte ich mal ein paar wesentliche Dinge ausgeräumt sehen.
Denn eines hat mich nie losgelassen, wenn wir uns irgendwo im Web, vornehmlich auf Twitter über den Weg gelaufen sind. Und das ist bei einem Mann, der auf seinem Blog
auf den Suchbegriff 482 Einträge zu Glyphosat hat logischerweise doch recht häufig...

Was mich nie losgelassen hat war das Gefühl, dass er nicht ganz ehrlich ist.
Dieser nette Bauer Willi, wie gestern einer schrieb, mit Ähnlichkeit zu Peter Lustig, der die Leute an einen Tisch und in den Dialog bringen will.

Denn in seinem Sog bewegten sich oft so ziemlich alle Agrar-Blogger, Glyphosat-Verharmloser, Gentechnik-Jasager, Lobbyisten und selbst die Bayer-PR.



Und auch seine Positionen waren irgendwie mit einem deutlichen Spin in Richtung konventioneller Landwirtschaft, Bauernverband und der Agrarchemie.

Vielleicht entwickelt man ein Gespür mit der Zeit, wenn man all diese anderen Leute ständig liest: Da ist irgendwas...

Also habe ich mir das mal näher angesehen.

Und ich will gleich zu Beginn dieser Reise auf die ich Euch mitnehme klar sein:
Auch wenn ich deutlich weniger beeindruckt bin als 2015, und ich eine ganze Menge an Dingen gefunden habe, die mir überhaupt nicht passen, geht es nicht darum, jemanden zu demontieren. Im Gegenteil.


Ich finde die vernünftigen Ansätze, die in vielen seiner wie er gestern selbst erwähnt "1.800 Blog-Artikel", den dazugehörigen 60.000 Kommentaren, den über 1.400 Tweets, den Auftritten für den Bauernverband, Gastbeiträgen sind nach wie vor richtig und wichtig.
Abzüglich einiger Aktionen, die ich weniger glücklich finde.

ABER.

Wenn jemand einen Blogartikel schreibt, der da heisst "Nitrat: wer einmal lügt…", der muss sich doch irgendwie an seinen eigenen Massstäben messen lassen. 


Und manchmal ist auch Weglassen eine Lüge.

Auf seinem Blog - und diesen Link hat er ja gestern auch geschickt - lässt er über sich lieber "andere zu Wort kommen".  

Demut, die gefällt, und Effizienz, denn Copy und Paste ist wesentlich einfacher als selbst etwas zu formulieren, das wussten schon das Bundesinstitut für Risikobewertung und die EFSA als sie den Risk-Assessment-Report zu Glyphosat verfassten.

Auf der anderen Seite kann man so eben auch Dinge weglassen, die man selbst irgendwie doch hätte unterbringen müssen. Und das gilt sowohl für den Blog, als auch alle anderen Vorstellungen inklusive der seines Buches.

Ja. Er ist Landwirt. Mal im Nebenerwerb, gestern war das Vollzeit, wobei ich immer noch tief beeindruckt bin, wie man 40 ha in Vollzeit bewirtschaftet und nebenher dieses unfassbare Pensum an Öffentlichkeitsarbeit auch noch schafft. 

Und er ist ein Idol für die Landwirtskollegen...



Aber verdammt nochmal, Dr. Willi...
Wieso kann sowas nicht einmal ehrlich ablaufen?!


Wieso kannst Du nicht offen sein und sagen, dass Du für die Schering AG Produktmanager für Betanal warstDas jetzt heute Bayer gehört und nebenbei mit "kann vermutlich Krebs erzeugen", "erzeugt schwere Augenschäden" und "sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung ist", siehe Sicherheitsdatenblatt

Das ist doch eine für alle sehr relevante Information, wenn Du über Herbizide referierst.
Noch mehr, wenn "Dein" Produkt von damals im Prinzip die gleichen Eigenschaften hat wie Glyphosat heute nachgesagt wird. Die Leute sollten das wissen!

Geschenkt, dass Du für RP-Online Gastbeiträge wie diesen hier schreibst.

Geschenkt, dass Du auch auf Novo-Argumente einen Gastbeitrag geschrieben hast, die vom Industrieverband Agrar finanzielle Zuwendung erhielten, der diese Mitglieder umfasst.

Geschenkt, dass Du in einer Jury für den Glyphosat-Task-Force-Konzern ADAMA gesessen hast, zusammen mit der PR-Frau vom Forum Moderne Landwirtschaft.

Geschenkt, dass Deine "Top-Fans" auf Deiner Facebookseite in jedes Diskussionsforum einträufeln und mit falschen Fakten ahnungslose Verbraucher auf den Holzweg führen (denn dafür kannst Du nichts, aber Du solltest das auch nicht dulden!)

Geschenkt, dass Du für Gentechnik eintrittst mit dem Argument "man müsse die Menschheit ernähren" das leider allzu bekannt vorkommt. 

Geschenkt, dass Du in leitender Position etliche Jahre für einen Zuckerhersteller gearbeitet hast, der 2014 wegen wettbewerbswidriger Absprachen gemeinschaftlich 280 Mio Euro Bussgeld zu zahlen hatte, und das erst jüngst erstmals Erwähnung fand. 

Geschenkt, dass Du gestern von einer Einmann-Veranstaltung gesprochen hast, an anderen Stellen jedoch anderes steht (was sich ja  geändert haben kann).

Geschenkt, dass sich Deine Twitter-Likes lesen wir das Who-is-Who der Agrarlobbyisten...



Das alles, lieber Bauer Dr. Willi, sieht nicht gut aus, und ich hätte davon irgendwie lieber von Dir gelesen, als da alleine drüber zu stolpern...



Aber über eines komme ich absolut gar nicht hinweg... 


Ich habe gestern unter der Betriebsnummer GnR205 den aktuellen Handelsregister-Auszug der Buir-Bliesheimer Agrargenossenschaft eG gezogen. Den AKTUELLEN.

Willi, da stehst Du drin, als stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer. Immer noch. Genauso wie auf Eurer Webseite
Und auf einigen anderen Firmenportalen auch.

Name stimmt. Ort stimmt. Geburtsdatum stimmt, steht ja auf Deiner FB-Seite.
Kein Vertun...








Du leitest seit 2007 ein 100 Mio-Euro-Unternehmen zeitweise als Vorstand, dass - und hier zitiere ich Eure eigene Webseite 


"Mit über 1.100 to. Lagerkapazität für Pflanzenschutzmittel in zugelassenen und hochmodernen Gefahrstofflägern gehört die Buir-Bliesheimer zu den großen Spielern in diesem Segment."


Das von Düngemitteln lebt.

Das im letzten gemeldeten Geschäftsjahr fast 100 Millionen Euro Umsatz, 2013 sogar über 141 Mio Euro Umsatz gemacht hat.






Das ironischerweise Holzpellets vertreibt... 

Und weder in Deiner Buchbiografie, noch in irgendeiner Vorstellung als Sprecher für die zahllosen Auftritte für die Bauernverband und ähnliche Auftritte, noch in irgendeinem der vielen Zeitungsartikel und Interviews die ich von Dir fand steht davon auch nur ein Sterbenswörtchen?!

Tut mir leid, Willi. Das ist ein Problem...

Ich weiss nicht, wie man Interessenkonflikt anders beschreiben kann als Deine letzten 5 Jahre als "Bauer" Willi. Bei der Historie und keiner Erwähnung...


Verdammt, Willi!
Bring das in Ordnung!


Und bitte nicht so:





Denn das hier ist alles grundsolide recherchiert und für jedermann nachvollziehbar verlinkt.


WTF, Willi... WTF...



Bis später

Danke Willi - Die PR-Aktion Grüne Kreuze

Bedankt
DANKE, WILLI!
Wie PR-Bauer Willi eine echtes Problem für uns löste

Als ich neulich in der Bodenseeregion an einer der vielen Apfelplantagen vorbeifuhr entdeckte ich endlich "mein eigenes" erstes grünes Kreuz. 
Bis dahin hatte ich nur davon gelesen. Aber da stand es: Direkt zur Strasse hin hatte der Apfelbauer ein sehr gut sichtbares neongrünes Kreuz aufgestellt. 



Wie verschiedene Quellen recht eindeutig zuordnen handelt es sich dabei um eine Aktion, die von Landwirt Willi Kremer-Schillings - besser bekannt als Agrar-Blogger "Bauer Willi" - ins Leben gerufen wurde. Und dieser Post hier dürfte den Anfang gemacht haben.



Was wollen denn die Landwirte damit zum Ausdruck bringen?

Wofür stehen die grünen Kreuze? 


Bauer Willi selbst schreibt dazu: 
"Wir werden den Journalisten sagen, dass es Mahn-Kreuze sind, die auf die Folgen des Agrar-Paket hinweisen". Angekommen.


Der niedersächsische Bauernverband präzisiert: "Vor allem die Pläne zum Insektenschutz stießen bei vielen Bauern auf wenig Gegenliebe, heißt es vom Verband. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist das Verbot des Unkrautvernichters Glyphosat Ende 2023.


Für den Bauernverband Heilbronn-Ludwigsburg e.V. ist es gleich das ganze Paket, Insektenschutz, Tierwohl-Label, Düngepaket, und das Volksbegehren Artenschutz - Rettet die Bienen, das benennen sie als Gründe, wieso sie die Kreuze setzen.


Ähnlich sieht es beim Bauernverband Uecker-Randow aus, auch hier wird die Aktion mitgetragen, u.a. stören sie sich an Verboten von Pflanzenschutzmitteln entlang von Gewässern und dem Glyphosatverbot.


Landwirt Niemeyer pflockt das Kreuz in den Boden mit dem Hinweis, dass die in Lebensmitteln gefundenen Glyphosat-Rückstände ja von den Spülmitteln kämen, sein Glyphosat würde sich restlos abbauen und die Lebewesen im Boden nicht beeinträchtigen



Ich könnte das noch endlos fortführen und werde auch noch ein paar Berichte am Ende verlinken, aber in der Zusammenfassung rammen die Landwirte den Berichten zufolge wegen dem jüngst beschlossenen Agrarpaket vor allem wegen dem Glyphosatverbot, den Auflagen zum Insektenschutz und dem Versuch, der notorischen Überschreitung der Nitratgrenzwerte im Boden über das "Güllepaket" irgendwie Herr zu werden in den geschundenen Ackerboden.


Das Problem, das Willi für uns löst

In unserer Community bin ich zigfach auf den Irrglauben gestossen, dass regional einkaufen die Glyphosat-Werte in unserer Studie nach unten beeinflussen würde.

"Wieso habe ich so einen hohen Wert an Glyphosat in meinem Körper, ich kaufe doch immer regional ein?" So und so ähnlich werde ich wiederholt angeschrieben.

Und dann muss ich den Probanden erklären, dass die Abgrenzung nicht entlang regional oder international, sondern konventionell (oder traditionell, wie Bauer Willi das liebevoll nennt) und Biolandbau verläuft. Das ist jetzt natürlich unglaublich schwer für den Verbraucher auseinanderzuhalten und dies noch mehr, weil leider einige der Landwirtskollegen offenbar unehrlich bleiben auf Nachfrage, ob sie Glyphosat einsetzen. Oder sich ausschweigen.

Unvergessen blieb mir der Dialog einer Mutter, deren Kind hohe Werte des Totalherbizids nachgewiesen hatte, die einen Bauer mit freundlicher Neugierde fragte, ob er Glyphosat einsetze, der sein Feld direkt angrenzend an ihr Grundstück hatte.

Die lapidare Antwort: "Das kommt darauf an, wer fragt..." 



Ich muss im Rahmen einer fairen Berichterstattung darauf hinweisen, dass Bauer Willi erst gestern schrieb "In den digitalen Medien wird derzeit versucht, die grünen Kreuze auf andere Zwecke zu übertragen". Er distanziere sich davon. Und die obigen Vorgaben gegen Glyphosat und Gülle hat er tatsächlich nicht explizit ausgegeben, als er seine Idee veröffentlichte. Es könnte also sein, dass ihm das gerade an einigen Stellen aus dem Ruder läuft. Das halten wir ihm also mal zugute.

Aber eigentlich spielt das keine Rolle, denn nicht die Intention der Aktion bildet die Realität ab, sondern die Aussagen der Bauernverbände und deren Mitglieder vor Ort.


Deshalb sage ich "Danke, Willi!":

Denn jetzt markieren gerade exakt jene Landwirte ihre Felder und Höfe mit gut sichtbaren grünen Kreuzen, die FÜR den Einsatz von Glyphosat stehen, die GEGEN eine Reduzierung der Nitratwerte bzw deren Massnahmen eintreten, und die GEGEN Insektenschutz in der vorgeschlagenen Form sind und GEGEN den Bienenschutz. 

Das heisst für die Leute, die gerne regional einkaufen möchten, aber nicht in Schlagnähe einen Bioland-, Naturland oder Demeterbetrieb unmittelbar vor Ort haben, wissen jetzt zumindest, wo sie für ihre Zwecke und mit ihrer Überzeugung gar nicht erst auf den Hof zu fahren brauchen. Viel einfacher hätte man es uns nicht machen können. DANKE!


Was ich an der durch die Aktion sichtbar gewordenen Haltung ausserdem kritisiere:

Abgesehen davon sind das auch just jene Landwirte, die bei einer Verweigerung zu Veränderungen der aktuellen Praxis durchaus entscheidend dazu beitragen, dass in Kürze jeder, der in Deutschland Steuern bezahlt die Folgen der Nitratproblematik mittragen wird, und zwar über ein Zwangsgeld in Höhe von 850.000 Euro. Pro Tag. Die Tagesschau berichteteAndere Quellen sprechen sogar von 860.000 Euro pro Tag.

Und dass man bei einem Rückgang von bis zu 70% der Insekten, den jeder selbst erlebt und bei der Tatsache, dass aktuell jedes siebte Bienenvolk nicht mehr über den Winter kommt, was zwischen 20 - 25 Mio Euro Schaden pro Jahr alleine in Deutschland bedeutet überhaupt noch über einen Beitrag auch aus der Landwirtschaft diskutieren muss ist mir schleierhaft. 






Und so mag es sein, dass diese grünen Kreuze für den einen oder anderen Betrieb ja tatsächlich nicht Ausdruck von Zusammenhalt, gemeinsamer Graswurzelbewegung (eine lustige Bezeichnung für Glyphosatanwender?) mit offensichtlich viel Spass bei den Aktionen bleiben, sondern eher zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden.

Denn eigentlich ist es weder aus Verbrauchersicht noch aus Sicht der Gesellschaft zumutbar, dass wir jene über die Subventionen hinaus unterstützen, die mit ihrem Kreuz signalisieren, dass die ohnehin viel zu laschen Veränderungen im Agrarpaket rundweg ablehnen. Für effektive Kontrollen der Umsetzung ist ohnehin zu wenig Personal bei den Behörden da, hier müssen alle mitziehen.

Oder eben nicht. Aber dann darf man weder auf den Verbraucher der sich abkehrt schimpfen, noch andere für sein Unglück verantwortlich machen.


Bis sp... MOMENT! Augenblick...

Da ist noch was. Eine Kleinigkeit. Ein Bonus, sozusagen.
Etwas, über das man gelegentlich stolpert, wenn man sorgfältig recherchiert...



Wer ist das eigentlich, dieser Bauer Willi?!
- TEIL 1 - 

Ich persönlich erinnere mich noch ziemlich genau, wann ich ihm das erste Mal im Netz begegnet bin, das war ein Brandbrief von ihm, in dem er sich uns Verbraucher zur Brust nimmt und  ordentlich ins Gewissen redet. Das war Anfang 2015.

Da ich mich zu dem Zeitpunkt schon intensiv mit dem Thema Lebensmittelsicherheit beschäftigte und die Missstände immer offensichtlicher wurden, war ER es, der mir klar gemacht hat: Der Dialog mit den Landwirten ist wichtiger denn je. Denn die unsichtbare Kluft zwischen den Verbrauchern und Landwirten war tief, die Gründe dafür kaum zu erkennen und wenn man schlagkräftige Massnahmen vereinbaren will, wie das besser wird, dann muss man zu allererst miteinander reden.

Leider war er für mich zu dem Zeitpunkt irgendwie nicht erreichbar, gleich einem scheuen Reh war lange Zeit nicht mehr von ihm zu erfahren als der Name "Bauer Willi" und ich dachte mir, das wird wohl der unerwartete Erfolg bei der Reichweite seines Briefes sein, der ihm selbst schon fast unheimlich vorgekommen sein mag.

Ich für mich traf mich dennoch mit Milchbauern auf ihren Veranstaltungen und ging in sehr viele Einzelgespräche. So gesehen hat er mich erreicht. Und beeindruckt.

Wie das heute aussieht, ob und welche Vorbehalte sich zwischenzeitlich ergeben haben und ob ich seine Einladung, die er gestern auf meiner Facebook-Pinnwand ausgesprochen habe vielleicht annehme erkläre ich hier, noch heute gegen später.

Sorry für den Cliffhanger, aber der Text ist ohnehin zu lang.
Und was kommt zu wichtig, irgendwo tief unten im Blog vergraben zu werden.



Weiterführende Links:
Die oben erwähnten Berichte zu den grünen Kreuzen verlinke ich später hier noch, wenn der zweite Text online ist, Schreibfehler korrigiere ich ebenfalls später, falls Ihr einen findet, schreibt mir auf den üblichen Kanälen :) Das hilft.