Mittwoch, 4. September 2019

Der Kuschelkurs der EPA - Glyphosat und Dicamba

KKommentar
EPA + Pestizidhersteller = Dreamteam? 
Über Merkwürdigkeiten bei der US-Umweltbehörde EPA
Es ist nun schon 2 mal vorgekommen, dass sich die US-Umweltbehörde EPA dieses Jahr in Sachen Glyphosat merkwürdig verhalten hat. Dabei müssten sie z.B. mit Monsanto gerade bei Glyphosat eigentlich ganz anders umgehen. Aber der Reihe nach...



Der Pilliod-Prozess stand kurz vor einem Urteil, da gibt die EPA eine PRessemitteilung raus, dass Glyphosat harmlos sei. Besser getimed geht es kaum. Unterstützt wurde diese PRessemitteilung durch eine Aussage des US-Landwirtschaftsministeriums.

Vergangene Woche nun kam eine zweite Pressemitteilung, die das noch einmal unterstrich, und die natürlich von den Glyphosatbefürwortern und Teilen den Presse gerne verteilt wurde.

Bemerkenswert bei dieser Vorgehensweise ist allerdings, dass es gar keinen erkennbaren Anlass seitens der Behörde für dieses Vorgehen gibt. 

Denn neue wissenschaftliche Erkenntnisse liegen gar nicht vor. 
Die letzte tatsächliche Risikobewertung der EPA  unter Abteilungsleiter Jess Rowland (Mitleser werden den Herrn schon ganz gut kennen) wurde einkassiert und zurückgenommen. Der Freibrief verschwand nach kürzester Zeit aus dem Netz, was natürlich für Rückfragen sorgten, denn in der EU wurde damals gerade um die Wiederzulassung gerungen. Die Antwort, wieso es zu dieser Rücknahme kam, blieb bis heute aus. 

Ein Hinweis ergibt sich jedoch aus den Monsanto Papers. Dort geben die EPA-Wissenschaftler zu Protokoll, dass sie nach Sichtung aller Studien zum selben Ergebnis kommen wie die IARC. Es bleibt zu vermuten, dass sich diese Kräfte durchgesetzt haben.

Eine tatsächliche Risikobewertung durch die EPA ist eigentlich erst für Ende diesen Jahres angesetzt, und wie die ausgeht, kann man sich beim derzeitigen Zustand der EPA unter Trump und der Führung durch Lobbyisten an einer Hand abzählen. Mitarbeitern der EPA ist es untersagt, das Wort Klimawandel zu verwenden und die, die bei der EPA an dem Thema arbeiteten sind entlassen oder "woanders" untergebracht.

Aber wie gesagt: Diese Einschätzung zu Glyphosat gibt es noch gar nicht, die letzte ist zurückgezogen, der Standpunkt, den die Pressemitteilungen wiedergeben sind also Jahre alt. 

Wieso dann überhaupt? Und wieso jetzt? Kann man nicht wenigstens warten, bis der Freibrief wenigstens auf angeblich "wissenschaftlichen" Beinen steht? Wozu diese wiederholten Eingriffe in die Diskussion?


Eigentlich müsste die EPA ganz anders

Wie aus den Gerichtsunterlagen bekannt wurde gibt es einen bemerkenswerten Umstand, über den viel zu wenig gesprochen wird. Die erste Krebs-Studie, die Monsanto für die erste Zulassung der EPA vorgelegt wurde entstand auf der Basis von wissenschaftlichem Betrug. 

Als das entdeckt wurde, ist die Studie von der EPA für nichtig erklärt worden. Und Monsanto wurde aufgefordert für Ersatz zu sorgen. Der kam nicht, und die EPA hat sich selbst um eine Einschätzung bemüht. Das Ergebnis: Glyphosat ist krebserregend. 

Monsanto schickte einen Wissenschaftler, der durch einen statistischen Trick und erfundene Tumore in der Kontrollgruppe das EPA-Ergebnis entschärfte. Die Maus sollte jetzt im Rahmen der Glyphosat-Krebsprozesse noch einmal kontrolliert werden. Leider sind die Proben "verloren gegangen" 

Ein Teil der damals mit dem Thema betrauten EPA-Wissenschaftler weigerten sich, diese "Veränderung" zu unterzeichnen.

Bis heute hat Monsanto für diese wesentliche Studie keinen Ersatz geliefert, obwohl sie dazu aufgefordert war. Neben den Kosten wird Monsanto sehr genau wissen, wieso sie sich nicht auf eine Studie einlassen: Eine ganze Reihe anderer Tierstudien zeigt ja, dass Glyphosat krebserregend ist.

Weiterhin bemerkenswert ist, dass die Studie, die von der EPA zurückgewiesen wird mangels Alternative bis heute Bestandteil der Einschätzungen aller Regulierungsbehörden ist. Eine Anerkennung des Umstands, dass sie durch wissenschaftlichen Betrug entstand ist dabei nirgends zu finden - im Gegenteil - man scheint die gefälschten Daten sogar als Beleg für die Harmlosigkeit zu verwenden.

Würde die EPA ihre Arbeit machen (dürfen), dann wäre der logische Schritt also, die lange überfällige Krebsstudie endlich einzufordern. Davon ist allerdings in der derzeitigen Konstellation unter der aktuellen US-Regierung nicht der Hauch einer Spur zu sehen. 
Und man dürfte es auch kaum erwarten...

Sogesehen ist schon die Erstzulassung illegal, da wesentliche Bedingungen bis heute nicht erfüllt worden sind und die damals gültigen Anforderungen für eine Zulassung unerfüllt blieben.


Und jetzt bei Dicamba

Monsanto/Bayer hat noch ein ganz anderes Problem, das gerade vor sich hinschwelt. Und das heisst Dicamba. In den USA haben sich die letzten Jahre durch den übermässigen Gebrauch von Glyphosat mehr und mehr resistente Unkräuter gebildet. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, hat man ein eigentlich schon eingemottetes Mittel wieder aus den Regalen geholt. Und das heisst Dicamba.

Monsanto hat dafür vor gar nicht allzulanger Zeit sogar extra für über 1 Milliarde US-Dollar ein neues Werk hingestellt.

Nun ist es leider so, dass die Farmer, die Dicamba einsetzen die Ernten der Nachbarn beschädigen. Die Rede war schon Mitte 2018 von einer halben Million Hektar oder (1.1 Millionen acres) betroffener Fläche.  

Bemühungen der betroffenen Bundesstaaten, die Schäden einzudämmen wurde mit Klagen und konzertierten PR-Aktionen von Monsanto begegnet. Zeitweise war in Teilen der USA das Ausbringen sogar verboten. 

Erste Klagen gegen Monsanto/Bayer wurden von den betroffenen Geschädigten bereits eingebracht, das gibt auf das Glyphosat-Problem selbst nochmal satte Gerichtskosten und Schadenersatz, falls es den Betroffenen gelingt, die Gerichte zu überzeugen. Alles obendrauf zu Lasten Bayer/Monsanto. 

Und gerade, wo es wieder darum geht, geerbten Monsanto-Ärger für Bayer vor Gericht in den Griff zu bekommen, springt die EPA wieder ein:

Während die USA normalerweise echte Statistik-Junkies sind und so ziemlich alles und jeder in irgendeiner Datenbank gespeichert wird, was irgendwie an Zahlenkolonnen gespeichert werden kann entschied sich die EPA ausgerechnet dieses Jahr, die Daten zu den Schadenmeldungen zu Dicamba für dieses Jahr nicht mehr zu erfassen.
Die Vorgehensweise dabei ist ernüchternd einfach: Man fragt einfach aktiv die Daten der Bundesstaaten nicht mehr ab.

Experten gehen in dem einen Jahr von einer Verdopplung auf eine Million Hektar beschädigter Erntefläche, überwiegend auf Nachbargrundstücken aus, erklären jedoch durch die grossen Flutschäden in der Landwirtschaft wird das nie mehr 100%ig nachvollzogen werden können, wie gross die Schäden durch die fortgesetzte Praxis der Arbeit mit Dicamba tatsächlich sein werden. 

Aber es ist klar: Die Geschädigten werden nicht still halten, neues Ungemach für Bayer ist vorprogrammiert. Offenbar laufen erste Klagen und die Erfolgsaussichten stehen nicht schlecht, durch die Vielzahl an Schäden sind die Muster der Herkunft recht deutlich und somit einfach zu belegen. Da reicht ein "Das waren wir nicht" von Monsanto kaum aus.


Die EPA ist seit Trump in einem desolaten Zustand, Budgetkürzungen, Entlassungen von Wissenschaftlern, die ihren Job gemacht haben und Veränderungen wie Entscheidungen, EPA-Wissenschaftler aus Entscheidungsgremien zu verbannen und stattdessen mit Funktionären der Industrie zu ersetzen sind ein Supergau, von dem sich die Behörde länger nicht erholen wird. Selbst wenn Trump abgelöst werden sollte bei der kommenden Wahl, worauf man momentan besser nicht wettet, dass das passiert. Was aus der US-Umweltbehörde EPA wurde geschieht, wenn man einen Lobbyisten, der selbst in der Vergangenen 14 x gegen die Auflagen der EPA geklagt hatte zum Chef der Einrichtung ernennt. Sie wurde systematisch auseinandergenommen. Bis zur Unkenntlichkeit.

Die Regelmässigkeit, in der die EPA zu laufenden Gerichtsverfahren Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Pestizidhersteller wird ist - gelinde gesagt: Auffällig.

Dementsprechend wird es keine Überraschung sein, wenn die EPA zum Jahresende erneut verkündet, wie harmlos Glyphosat ist. Nur hat das mehr mit Wirtschaft als mit Wissenschaft zu tun.

Und wer bis hier noch nicht ganz überzeugt war, dass die EPA auf der Seite der Pestizid-Hersteller ist: 

Was soll da schon schief gehen?!



Bis später.


Weiterführende Links:
- Siehe Text -


  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Seid nett, wenn Ihr kommentiert und überlegt, was ihr schreibt.
Ich bin ein Freund von freier Meinungsäusserung, behalte mir aber vor, ungefragte Werbung, unfreundliche Äusserungen und irrelevante Kommentare zu löschen. Da ich Euch nicht zwingen will, ein Google-Konto oder ein Blogspot-Konto zu besitzen werde ich alle Kommentare zulassen, um aber Spameinträge durch Bots zu vermeiden nur moderiert veröffentlichen...