Samstag, 25. Juni 2016

Lobbyisten, Lümmel, Lügenbolde


KKontext
Lobbyarbeit in der Landwirtschaft
Warum es so schwer ist, Nachrichten von Werbung zu unterscheiden




In den letzten Wochen und Monaten habe ich ja viel recherchiert und eine Menge Daten und Fakten gesammelt. 

Und dann liest man während den Recherchen immer mal wieder dazwischen Nachrichten, die irgendwie nicht in den Gesamtkontext passen....

Da war zum Beispiel diese hier.

"Sie setzten die Existenz von Landwirten aufs Spiel, nur um sich selbst zu profilieren", steht da zu lesen. Ein kläglicher Witz. Ich komme später im Bericht auf diesen Punkt zurück, wenn es um Existenzen geht, dann habe ich da eine andere Sichtweise, wer das Problem antreibt.

Spannend wird das jedenfalls dann wenn man mal ein bisschen näher hinschaut, und den Kontext entdeckt, der einem zum Verständnis fehlt.





Na, das hat doch Charme, oder?
Oder dann, etwas später stiess ich dann auf diese "News" hier:





Da ist dieser Hinweis mit den "wissenschaftlichen Grundsätzen."

Wir alle wissen ja langsam, dass das im Falle der Wiederzulassung nicht der Fall ist.

Tatsächlich hat das BfR die Risikobewertung gar nicht selbst geschrieben, sondern die Glyphosate Task Force (GTF), bestehend aus Firmen wie

Adama, Arysta, BASF, Bayer, Cheminova, Dow AgroSciences, Helm AG, Monsanto, Nufarm, Sygenta, UPL und ein paar andere. (Stand 01.09.2015)

Zusätzlich kommt hinzu, dass die Risikoeinschätzung selbst zu heftigem Einspruch bis hin zu einer Betrugsanzeige geführt hat.

Von der nachträglichen Einschätzung vom BfR der IARC-Darstellung ist bekannt, dass sie gerade bei der oben erwähnten "genaueren Untersuchung" ja dann selbst gerade Hinweise auf Krebs gefunden habe. 

Das stellt sich also eigentlich wie eine durchgängig falsche Darstellung der Fakten dar.

Und dann redet man in dem Bericht noch von der JMPR und vergisst dabei im Pressetext zu erwähnen, dass da doch der eine oder andere Interessenskonflikt eine Rolle spielt. 


Und dass das IARC bis heute nicht von ihrer Befürchtung das Mittel sei wahrscheinlich krebserregend abgerückt ist.

Das verwundert natürlich sehr, wenn man diese Hintergründe kennt.

Bis man dann auch da näher hinschaut und auf der Webseite folgende Mitgliederliste entdeckt:






Lobbyisten, Lümmel, Lügenbolde?!

Nun kenne ich die beiden da oben nicht und konnte mir keinen persönlichen Eindruck machen. Zu gerne würde ich verstehen, ob diese Leute selbst tatsächlich so wenig unbedarft sind, tatsächlich dermassen desinformiert sind oder gar am Ende tatsächlich bewusst Unwahrheiten verbreiten. Das wäre dann doch ziemlich skrupellos. 

Und so gibt es wohl Lobbyisten, 
Lümmel, die das "sportlich" sehen und sich der Tragweite ihres Handelns nicht bewusst sind... und es gibt Lügenbolde, die sehr wohl wissen, dass sie die Unwahrheit verbreiten.


Genau genommen dürfen wir den Landwirten eigentlich kaum Vorwürfe machen.

Wer ehrlich und im guten Glauben sein anstrengendes, solides Handwerk ausübt, schaut ab und an vielleicht einmal ein paar Agrar-Nachrichten online oder in Papierform an, bevor er müde ins Kissen sinkt. 
Aber Zeit für intensive Recherchen hat man da kaum. Für viele ist das ein 365 Tage Job.
Das wurde mir nun schon ein paar Mal unabhängig voneinander berichtet.

Und so kommt es wohl, dass sie dann ein Mittel dermassen intensiv einsetzen, dass es in Brandenburg im Grundwasser nachgewiesen wird und dass eine Behörde dann förmlich betteln muss, den Einsatz zu reduzieren: 






Ausser Kontrolle

Erbettelt wird eine Reduzierung, die dann wahrscheinlich nicht stattfindet. 
Denn man "weiss" als Anwender ja, wie harmlos das Mittel ist.
Und es ist praktisch. Und man weiss, dass es nicht kontrolliert werden kann, dazu haben die Behörden gar nicht genug Personal und selbst wenn hätten die ja nicht täglich Zeit auf dem Acker zu stehen, bis der Spritztraktor vorbei kommt.

Was die Landwirte betrifft: 
Andauernd bringt ihnen "jemand" bei, wie harmlos das Mittel ist, 
erzählt ihnen, dass die Gegenrede politisch motiviert sei, 
dass die "bösen NGOs" und die Grünen zweifelhafte Tests erzeugen, und und und. 

Wenn man dann deshalb nicht einmal mehr auf die eigentlich doch ziemlich verdammt relevanten Inhalte schaut, wenn man dermassen schon vorab gegen die berechtigte Kritik "geimpft" worden ist, dann hat man eigentlich kaum eine Chance, Bedenken zu entwickeln oder Zweifel zu bekommen. Obwohl das sowas von dringend nötig wär...

Interessanterweise sind die Landwirte, die sich dann wirklich einmal die Zeit nehmen und wirklich vorurteilsfrei in die Materie reinschauen binnen weniger Minuten schon bereit, wesentlich vorsichtiger und vernünftiger mit dem Mittel umzugehen.

Aber die Tarnung der Einflüsterer funktioniert prächtig. Oft erfolgt die Beeinflussung unter dem Deckmantel klangvoller Namen. Oder Vereinigungen, die von sich behaupten, eine moderne Landwirtschaft fördern wollen. Für eine bessere Zukunft.


Wer meint es denn eigentlich gut?

Denken wir doch einmal ein bisschen intensiver nach. 
Denken wir doch speziell an die aktuellen Berichte von den Milchbauern. 
Denen wurde seit etlichen Monaten, teilweise Jahren von den Bauernbänden suggeriert, sie müssten expandieren, gross werden. Kredite aufnehmen und den Stall erweitern. 
Um weiter effizient zu sein und mehr Umsatz zu erarbeiten.

Die Wahrheit ist aber doch vielmehr, dass gerade das Überangebot am Markt für zu niedrige Preise gesorgt hat. Und es jetzt noch viel schwerer zu überleben ist. Bei wesentlich mehr Arbeit. Und in der Zwickmühle, dass mit einem abzuzahlenden Kredit kaum ein leichter Ausstieg möglich ist. In fast jedem Gespräch das ich zu diesem Thema mit Betroffenen führte, kam das Wort "bereuen" vor. Und ausnahmslos alle waren sauer auf den Verband, der ihnen dazu geraten hat. Und den Landwirtschaftsminister Christian Schmidt, der sie sowieso im Stich lässt, wie sie sagen.

Für mich bedeutet das, dass man sehr, sehr genau hinhören sollte und ein gesunde Misstrauen entwickeln gegenüber all jenen, die zu einem höheren Umsatz drängen oder zu "noch mehr", "noch schneller" und "noch grösser" raten.

Denn in erster Linien empfehlen die Leute das, weil ihr eigener Umsatz daraufhin höher wird. Was sie dabei vergessen zu erzählen ist, dass wir in vielen Bereichen ohnehin überproduzieren und das die Preise in den Keller treibt. 
Und die Spirale ständig noch schneller nach unten drückt. 

So kommen dann neben teilweise spürbarer Überarbeitung aufgrund der Empfehlungen dann zusätzlich noch die finanziellen Sorgen, die auf die Seele drücken.

Die bisher geführten Interviews dazu sagen mir, dass niemand von denen, die diese Empfehlungen umgesetzt haben - heute wirklich glücklich ist.

Eine "feine" Empfehlung, also. Oft von den Bauernverbänden und nicht zuletzt durch den BuMEL Christian "Glypho" Schmidt ausgeprochen wird.


Was nötig scheint ist ein Schnitt.

Sehen wir nicht langsam immer klarer? Dass das alles aus dem Ruder gelaufen ist?
Dass es sinnvoller wäre die Dauerschleife vom "Märchen Mehrertrag" zu durchbrechen?
Und sich als Landwirt selbst einmal wieder mehr Zeit für sich selbst zu gönnen, statt digitalisiert und supermodern effizient in den Ruin zu rauschen?


Wäre es nicht viel sinnvoller, als Landwirt den direkten Dialog  mit den Verbrauchern zu führen? Ohne Handel, ohne Verband, die ihre ja vollkommen eigene Ziele verfolgen.

Wenn mir eines in den letzten Monaten aufgefallen ist, dann das:

Für die Industrie zählen nur nüchterne Dollars, der Landwirt ist auf seinem eigenen Feld allenfalls "weitgehend geduldet".  


Denen ist es egal, ob der Karl oder der Erwin übermorgen seinen Laden zusperrt. 
Denen ist es auch wurscht, ob sich der Landwirt mit einem Mittel das Feld im Zeitraum von 10 Jahren verwüstet. 

Der kurzfristige Gewinn ist, was sie interessiert. 
Obendrein wird das Konzept dann noch voller Dreistigkeit den Bauern als "nachhaltig" verkauft. Und macht sie zu modernen "Too big to fail"-Sklaven.


Und ganz nebenbei macht die Industrie auch noch eine unfassbar grosse Zahl an Menschen in der Bevölkerung massiv krank. Too big to jail?



Bis später.





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