Donnerstag, 23. Juni 2016

Morgen ist D-Day - schon wieder...

Vor-aus-schau-end
Glyphosat - und wieder ist D-Day
Erneut Abstimmung in der EU

Morgen ist es nun soweit. Nach einer Menge Versuchen, die Glyphosat-Wiederzulassung durchzudrücken, für die sich aber keine Mehrheit fand erfolgt morgen wohl aus Zeitmangel der letzte Versuch. Zeitmangel deshalb, weil die Zulassung zum 30.06. ausläuft, und bis dahin kein weiterer Versuch zu erwarten ist.

Die gute Nachricht

Wir sind weg von dem Wahnsinn, das Mittel auf 15 weitere Jahre zuzulassen, ohne nennenswerte Einschränkungen. Es wird wohl auch keine 10 Jahre geben. Genaugenommen gibt es aktuell nicht einmal überhaupt eine Wiederzulassung.

Stattdessen wird morgen versucht, sich auf eine Verlängerung der aktuellen Zulassung auf 12 oder 18 Monate zu einigen. Aber auch hier stehen die Zeichen eher schlecht. Frankreich hat sich wieder auf ein Nein besonnen, für Deutschland gibt es keine Nachricht, dass aus der Enthaltung ein Ja wird. Das bedeutet, eine Mehrheit ist morgen auch nicht zu erwarten.

Nun könnte man der Versuchung erliegen zu hoffen, dass das Mittel dann ab dem 01.07. ein Auslaufmodell in Europa wird. Das wäre schön. Zu schön. Um wahr zu sein.

Die schlechte...

Denn tatsächlich gibt es jetzt schon eine Ankündigung der zuständigen EU-Kommission (das wären eigentlich die, die uns vor Schaden durch Lebensmittel zu bewahren hätten), sie würden nun eigenmächtig eine Verlängerung der bestehenden Zulassung vornehmen. Beim bisherigen Verhalten ist das dann wahrscheinlich auch gleich auf das Höchstmass 18 Monate zu erwarten.

Begründet wird das wie folgt: 

Erstens steht im Herbst nächsten Jahres eine weitere Veröffentlichung von Untersuchungsergebnissen durch eine weitere Institution an, und zwar die der European Chemical Agency (ECHA). Offensichtlich erwartet die EU-Kommission von denen einen Freibrief und verzögert das deshalb. Alternativ mag es vielleicht auch daran liegen, dass Monsanto's Werk für den alten, wiederzubelebenden Ersatz-Stoff dicamba wohl nicht rechtzeitig fertig wird, in das sie Milliarden investiert haben. So gewinnt man noch etwas Zeit, und kann dann einen mehr oder weniger nahtlosen Übergang vom unpopulär gewordenen Umsatzträger Glyphosat zu einem anderen Stoff anknüpfen. Der übrigens beim näheren Hinsehen die gleichen gesundheitlichen Auswirkungen erwarten lässt.

Zweitens begründet die Kommission ihr Handeln damit, dass eine gute Zahl an Staaten für eine Wiederzulassung war, und sich (Stand letzte Abstimmung) allein Malta klar für ein Nein positioniert hat. Alle anderen - inklusive Deutschland - haben sich enthalten. Anlass für die Kommission daraus zu schliessen, dass das kein Nein sei, somit ein Ja.


Mit bestem Dank auch an...

Zu verdanken haben wir Deutschen das unserem Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt. Der hat durch sein beratungsresistentes, stures und vollkommen sinnfreies Festhalten an einem Ja dafür gesorgt, dass Deutschland sich nicht zum überfälligen Nein entscheiden konnte. Zu schade. Denn das hätte das Spiel sicherlich nochmal ganz anders aussehen lassen. Und es der Kommission vermutlich ein bisschen schwerer gemacht.


Bedenkliche Verbindungen und ein Nogo

Dass die Kommission eine Wiederzulassung forciert, ist klar zu erkennen, und nicht nur das, der geleakte Emailverkehr und die zuletzt veröffentlichte Stellungnahme des Kommissars ein einen EU-Parlamentarier, die ganz offensichtlich eine glatte Lüge war zeigen, dass die Kommission nicht ihre Arbeit (Gesundheitsschutz) macht, sondern eng verbunden mit der Industrie gemeinsame Sache.

Im Hinblick auf die Historie des EU-Kommissars Vytenis Andriukaitis und warum er seinen damaligen Job im Parlament Littauens verloren hatte ist das eine mehr als beunruhigende Entwicklung, die vermutlich jeden zum EU-Kritiker werden lassen würde, der die ganzen Zusammenhänge auch nur annähernd verstanden hat. 


Dass bei der Vergabe von solch mächtigen Posten Korruption im Lebenslauf kein K.O.-Kriterium ist zeigt, wie unglaublich nötig eine EU-Reform wäre. Oder eben ein Ende der Schrecken. Wie auch immer. Andruikaitis hatte im Rahmen einer Korruptionsaffäre seinen Posten als stellvertretender Parlamentspräsident Littauens verloren. 

Man warf ihm damals vor, von einer Gesellschaft namens Rubicon Gelder im fünfstelligen Eurobereich angenommen zu haben, die dann seine Entscheidungen auf seinem Posten beeinflusst haben sollen. 

Die Vorwürfe gingen damals doch deutlich über einen blossen Verdacht hinaus, der zuständige Staatsanwalt stellte klar, dass es Gesprächsmitschnitte und Videoaufnahmen gäbe, die die Vorwürfe bestätigen würden.


Hier wäre es doch mehr als nötig, einmal eine Untersuchung anzustrengen, ob der Herr EU-Kommissar nicht wieder einmal der Versuchung erlegen ist, und den "Rubicon erneut überschritten hat", was die Zusammenarbeit mit der Glyphosate Task Force betrifft.


Mein Prognose


Mit der Verlängerung der bestehenden Zulassung wird alles bleiben wie bisher.
Das Mittel wird eingesetzt wie gehabt, die Menschen werden weiterhin Glyphosat im Urin haben und alle gesundheitlichen Auswirkungen werden mindestens gleich bleiben, wahrscheinlich eher noch sich verstärken.

Wir werden weiterhin Grenzüberschreitungen in Grundwasser und fliessenden Gewässern haben und es wird weiterhin zu bemerkenswerten Warnmeldungen von den Landesbehörden kommen müssen.

Denn die Landwirte sind sich ja keiner Schuld bewusst, sie wähnen sich auf der sicheren Seite und vertrauen ohne Zweifel auf die Werbeversprechen der Hersteller, der "Fach"-Zeitschriften und der Landesbauernverbände.


Wo das jetzt allerdings kritisch wird, und was wir in der Folge zu 100% dem BuMEL Christian Schmidt anzulasten haben werden ist:

Wir haben ohnehin schon eine mehr als angespannte Situation bei den Milchbauern.

Es wird Dank Wegfall der Milchquote (ebenfalls ein Schmidt-Versagen, mMn) zu viel produziert, die Preise sind zu niedrig, die meisten Milchwirtschafter legen drauf, und das nicht zu knapp.





Kommt es nun Dank des neuen Messverfahrens zum zu erwartenden Supergau und die Rückstände in der Milch werden Thema (und das MÜSSEN sie, dringend!), dann ist das Dank Herrn Schmidt für viele tapfere Landwirte der endgültige Todesstoss.
Der wäre zu vermeiden gewesen, mit einem entschiedenen Nein.



Hintergrund:
Bisher waren Kartoffeln und Milch nicht genau genug zu messen gewesen. Ein neues Messverfahren soll das nun ändern. Durch die höhere Genauigkeit steht zu erwarten, dass die meinen Erfahrung nach höchstwahrscheinlich deutlichen Rückstände in Milch/Milchprodukten endlich nachgewiesen werden können. 




Das mag der Gesundheit der Menschen zuträglich sein, denn es offenbart eine weitere typische Quelle, wo sich die Bürger ihre Belastungen einfangen.

Aber für viele Landwirte, die in gutem Glauben ihrem Handwerk nachgehen, mag das das endgültige Aus bedeuten. Schon weil vertuschen in dem Fall keine Alternative ist.

Und dann möchte man ihnen fast wünschen, dass sie noch genug Geld übrig haben für ein Flugticket nach St. Louis.


Bis später.


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